Keine Hoffnung auf schnelle Grenzöffnung
Gesundheitsminister Klaus Holetschek kann sich vorstellen, dass die Region zusätzlichen Impfstoff erhält. Die ersten Lehrer sind bereits geimpft.
Zwischen Kaufbeuren und Wunsiedel liegen Welten. Damit sind nicht die 260 Kilometer Luftlinie gemeint, die die beiden Städte voneinander entfernt sind. Welten voneinander entfernt sind die Corona-Inzidenzen zwischen den Orten. Die schwäbische Stadt kommt hier auf 6,8 (!), ein Wert, von dem Wunsiedel mit 297,3 nur träumen kann. Aus der Perspektive eines Schwaben ist es verständlich, dass er ein schnelles Ende der Corona-Beschränkungen fordert.
Doch in Bayern gibt es eben auch die nördliche Grenzregion zu Tschechien. Auch um den Menschen hier zu zeigen, dass sie von der Regierung nicht vergessen sind, ist Gesundheitsminister Klaus Holetschek am Freitag durch die beiden besonders coronabelasteten Landkreise Tirschenreuth und Wunsiedel getourt. In der Festspielstadt traf er sich mit Landrat Peter Berek, Landtagsabgeordnetem Martin Schöffel, BRK Kreisvorsitzendem Karl Döhler und BRK-Geschäftsführer Thomas Ulbrich im Impfzentrum zu einem Arbeitsgespräch hinter verschlossenen Türen. Dieses war offenbar durchaus fruchtbar. "Es ist immer gut, wenn man einem Minister die Situation vor Ort vermitteln kann", fasste es Ulbrich auf Nachfrage der Frankenpost zusammen.
Auch die (CSU-)Politiker aus der Region waren mit dem Gespräch zufrieden, wenn gleich wenig Konkretes herauskam. Zumindest soviel: Der Gesundheitsminister kann sich vorstellen, dass außer den von Ministerpräsident Markus Söder zugesagten 1000 Astrazeneka-Impfdosen - sie trafen am Freitagmittag ein - weitere zusätzliche in den Landkreis Wunsiedel geliefert werden, so sie vorhanden sind.
Dies hatte zuvor Martin Schöffel gefordert. "Wir nehmen jeden Impfstoff, der an anderer Stelle in Deutschland nicht verimpft werden kann. Wir brauchen ihn dringend", sagte der Landtagsabgeordnete und meinte damit auch den wenig populären Astrazeneka Impfstoff.
Sowohl Politik als auch Wissenschaft halten die Abneigung gegen den britisch-schwedischen Impfstoff für unbegründet. Dieser habe sogar eine EU-Zulassung für über 65-Jährige. In Deutschland allerdings dürfe er nur für Menschen bis zu dieser Altersgrenze verwendet werden, sagte Holetschek, der sich freute, dass mit den Grundschullehrern und Erziehern weitere Gruppen in eine höhere Priorisierung aufgenommen worden sind. Flexiblere Lösungen solle es in Zukunft auch für Menschen mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern geben.
Eine Strategie im Kampf gegen das Corona-Virus und vor allem dessen Mutationen ist die Schließung der Grenze nach Tschechien. Viele heimische Unternehmer leiden darunter, sind sie doch auf tschechische Arbeitnehmer angewiesen.
Hier wollte Holetschek keine Hoffnungen schüren. Im Gegenteil: "Ich sehe die Grenzkontrollen noch nicht für beendet. Wahrscheinlich werden sie noch eine Weile weitergehen." Dass Grenzkontrollen nach wie vor wichtig sind, ist auch die Ansicht von Landrat Berek. Allerdings will er den Begriff der"Systemrelevanz" wegbekommen. Er schlägt hingegen vor, Grenzkontrollen mit einem verpflichtetenden Corona-Test an der Grenze sowie einer Pendlerquarantäne zu verknüpfen. Letzteres bedeutet, dass der Pendler lediglich zwischen Grenze und Betrieb hin- und herfahren darf. "Damit könnten wir unseren heimischen Unternehmen helfen."
Als wichtigen Baustein für eine Lockerungsperspektive sieht Holetschek Corona-Tests. Ihm sei bewusst, dass Schließungen wahrscheinlich einfacher seien als eine kluge und vorsichtige Öffnung. Der Gesundheitsminister kann sich vorstellen, dass eine Kombination aus Inzidenz-Werten und Testungen eine Strategie für Lockerungen sei.
Bald Impfungen für Senioren, die daheim gepflegt werden
Ab April wird es im Landkreis Wunsiedel ein eigenes Impfteam geben, das sich ausschließlich um Menschen kümmert, die in den eigenen vier Wänden gepflegt werden und nicht mobil sind. Wie BRK Geschäftsführer Thomas Ulbrich sagte, ist dies bislang logistisch nicht möglich gewesen. "Wir mussten uns zunächst auf die Seniorenheime beschränken und dann den Betrieb im Impfzentrum starten." Da ab April voraussichtlich deutlich mehr Impfstoff zurVerfügung steht, wird das BRK die Kapazitäten aufstocken und täglich nicht mehr wie bisher 300, sondern mindestens 650 Menschen impfen. "Wir haben die Senioren, die daheim betreut werden und nicht mobil sind, natürlich nicht vergessen." Bis alle Frauen und Männer aus dieser Gruppe geimpft sind, wird es etwas dauern, da das Team pro Stunde maximal vier Menschen impfen kann.
Über die Sonderzuweisung der 1000 Astrazeneka-Impfdosen freut sich Ulbrich besonders. "Damit können wir alle unter 65Jahre alten Ärzte, Pfleger, Grundschul- und Förderschullehrer sowie Erzieher impfen." Dies sei ein weiterer Baustein für das Ziel Herdenimmunität. Da viele Menschen nach wie vor Bedenken gegen den Astrazeneka-Impfstoff hegten, werden das BRK und das Landratsamt bereits kommende Woche eine Aufklärungsaktion starten. Sorge bereitet Ulbrich nach wie vor die zuschleppende Impfung der über 80-Jährigen und der übrigen Menschen in der Gruppe mit Priorität eins. "Hier stehen noch 5000 Impfungen aus. Doch dafür benötigen wir Biontech-Impfstoff."
Personell ist die Impfkampagne unterschiedlich stark aufgestellt: Während mit 78 genügend Ärzte mitarbeiten wollen - es haben sich sogar Mediziner aus Ballungsräumen beworben - könnte das BRK noch weitmehr medizinische Assistenzkräfte benötigen. "Aber hier ist der Arbeitsmarkt ziemlich leer",sagt Ulbrich.