Warnung stoppt Impf-Team
Bei der Auslieferung der Vakzine ist womöglich die Kühlkette nicht eingehalten worden. Heute oder am Dienstag erhalten die ersten Bürger den Corona-Schutz.
Wunsiedel. Die Bewohner und pflegerischen Mitarbeiter des Seniorenheimes Fichtelgebirge in Arzberg und des Bene-Vit-Hauses Epprecht-stein in Kirchenlamitz waren vorbereitet und freuten sich schon. Sie sollten am Sonntag die Ersten sein, die im Landkreis Wunsiedel gegen das Corona-Virus geimpft werden. Doch daraus wurde nichts: Bei der Auslieferung der ersten Charge des Impfstoffes für die Impfzentren Wunsiedel, Hof, Kulmbach, Kronach, Lichtenfels und Coburg ist es zu Problemen gekommen.
Wie Landrat Peter Berek der Frankenpost sagte, ließ sich die Kühlkette nicht mehr nachvollziehen. Beim Auslesen der Temperaturlogger, die den Kühlboxen beigelegt wurden, seien Zweifel an der Einhaltung der Kühlkette für den Impfstoff aufgekommen. "Wir Landräte, Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz und Vertreter des Gesundheitsministeriums haben uns sogleich in einer Telefonkonferenz beraten und entschieden, die Impfampullen nicht zu verwenden. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Der Schutz der Bürger hat absolute Priorität. Die Bevölkerung vertraut schließlich darauf, dass sie einwandfreien Impfstoff erhält."
Noch ist nicht sicher, ob im Landkreis Wunsiedel bereits am heutigen Montag oder am Dienstag mit den Impfungen begonnen wird. "Gut möglich, dass wir morgen schon den nächsten Impfstoff erhalten", sagt Berek. Alle seien bereit und können sofort mit der Arbeit beginnen.
Am Samstag um genau 14.20 Uhr war es soweit: Mit einer Polizei-Eskorte brachten Mitarbeiter des Marktredwitzer Technischen Hilfswerks den ersten Corona-Impfstoff für den Landkreis in das Wunsiedler Impfzentrum. Es handelte sich um das Vakzin des deutschen Herstellers Biontech. Die Ampullen hätten für 100 Impfdosen ausgereicht. "Schon in den nächsten Tagen werden die Chargen deutlich größer", sagt BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Ulbrich. Er rechnet mit vielleicht 1000 Impfdosen.
Sonntag, kurz nach 8 Uhr. Eigentlich sollte dies ein historischer Augenblick sein. Noch wusste niemand, dass knappe drei Stunden später alles abgeblasen und auf die nächsten Tage verschoben wird. Doch Pathos ist an diesem eisigen Morgen im Landkreis-Impfzentrum in der Rot-Kreuz-Straße in Wunsiedel nicht aufgekommen. Es war eher eine professionelle, leicht aufgekratzte Stimmung zu spüren. Während die vier Ärzte noch eine Tasse Kaffee tranken, checkten die Frauen und Männer des medizinischen Assistenzpersonals noch einmal alle Geräte und die Taschen. Auch Landrat Peter Berek war gekommen, um allen Beteiligten Danke zu sagen.
Während der Weihnachtsfeiertage war er zudem mehrmals längere Zeit im Landratsamt, um letzte Details abzustimmen und auch die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes zumindest moralisch zu unterstützen. Wie seit Monaten gab es für das Team der Behörde keine Sonn- und Feiertage.
Das Corona-Virus macht schließlich keine Pause, erst recht nicht an Weihnachten. "Wie zu befürchten, sind die Fallzahlen wieder gestiegen", sagt Berek. Dies setze ihm richtig zu. "Umso mehr freut mich, dass es jetzt bald losgeht." Den kurz darauf verschobenen Start der Aktion nimmt er angesichts der Mega-Aufgabe nicht allzu tragisch. "Es handelte sich ja nur um hundert Impfdosen, das lässt sich erst einmal verkraften. Mir und allen Beteiligten ist daran gelegen, dass alles hundertprozentig klappt." Die Vorsichtsmaßnahme zeige, wie gewissenhaft und verantwortungsvoll gearbeitet werde. Ein großes Lob zollt der Landrat dem "engagierten Team des BRK und der Ärzte" Auf sie alle sei absolut Verlass. "Da kann man dann schon etwas beruhigter schlafen.
"Eigentlich wollten die beiden Impfteams mit je zwei Ärzten, zwei medizinischen Assistenten und einer Verwaltungskraft am Sonntag um Punkt 10 Uhr loslegen. Doch dann kam ein erster Anruf von der Regierung aus Bayreuth und stoppte die Aktion. Irgendwo in Bayern sei beim Transport des Impfstoffs zu den Zentren womöglich die Kühlkette unterbrochen worden. Nun müsse erst eruiert werden, welche Impfzentren das vielleicht nicht permanent gekühlte Vakzin erhalten hätten, hieß es.
Noch ahnten BRK-Geschäftsführer Thomas Ulbrich und seine Mitarbeiter nicht, dass auch Wunsiedel betroffen ist. Wie berichtet, muss der Biontech-Impfstoff durchgängig bei minus 70 Grad gelagert und transportiert werden, da er sonst seine Wirksamkeit verliert.
Dass es am Beginn der bisher größten Impfkampagne der Bundesrepublik noch keine Routinen gibt, zeigte auch ein weiterer Anruf im Wunsiedler Zentrum. Auf den Anamnesebögen, die die Patienten vor der Impfung durchlesen und unterschreiben müssen, fehlt eine Angabe. Die muss nun nachgetragen werden. Das ist kein Problem.
Entweder am heutigen Montag oder morgen, Dienstag, werden im Landkreis Wunsiedel zunächst die Bewohner und das Personal der Seniorenheime in Arzberg und Kirchenlamitz geimpft. Die Verantwortlichen der beiden Einrichtungen hatten dem BRK als erste mitgeteilt, dass sie startklar sind. Die übrigen Seniorenheime folgen - falls genügend Impfstoff vorhanden ist - ebenfalls noch Montag oder Dienstag oder unmittelbar darauf. Schon vor mehreren Tagen hatten die Mitarbeiter des BRK Aufklärungs-Bögen in die Heime geschickt, damit jeder Bewohner und Pfleger schon vorab über alle Details der Impfung genau Bescheid weiß.