Mitarbeiter und Technik stoßen an Grenze
Wenn Uljana Bormann und Regina Erdmann nach der Arbeit heimkommen, wollen sie nur noch eines: Ruhe. Die beiden jungen Frauen telefonieren seit 5. Januar im Minutentakt. Kaum legen sie den Hörer auf, klingelt es schon wieder.
Im Wunsiedler Impfzentrum gehen täglich viele hundert Anrufe ein. Fast die Hälfte davon sind unnötige Nachfragen, die die Leitungen blockieren.
Wenn Uljana Bormann und Regina Erdmann nach der Arbeit heimkommen, wollen sie nur noch eines: Ruhe. Die beiden jungen Frauen telefonieren seit 5. Januar im Minutentakt. Kaum legen sie den Hörer auf, klingelt es schon wieder. So geht das jeden Tag, sieben Stunden am Stück. Regina Erdmann und Uljana Bormann nehmen die Anmeldungen für das Wunsiedler Impfzentrum entgegen und dazu gleich den geballten Frust vieler Bürger.
"Ja, es gibt die Vorwürfe, dass wir telefonisch nicht erreichbar sind", sagt BRK-Kreisgeschäftsführer Thomas Ulbrich. Das Rote Kreuz habe daher die Anmeldezeiten mittlerweile um täglich drei Stunden von 9 bis 16 Uhr ausgeweitet. Dennoch schimpfen viele Menschen, dass die Nummer permanent besetzt ist. Das weiß auch BRK-Mitarbeiter Daniel Hahn, der vor Ort in Wunsiedel die Abläufe koordiniert und optimiert. "Zwischenzeitlich ist wegen der Masse an gleichzeitig eingehenden Anrufen sogar die Telefonanlage zusammengebrochen. Drei Stunden ging zwischendurch gar nichts. Wir haben dann am Dienstag die Anlage ausgetauscht und weitere Leitungen aktiviert."
Dass die Bürger umgehend zum Telefonhörer greifen würden, sobald es eine Anmeldemöglichkeit gibt, war allen Beteiligten bewusst. "Daher haben wir vom Landratsamt unsere Bürger im Alter von über 80 Jahren in Etappen, aufgeteilt auf zehn Tage, angeschrieben", sagt Anke Rieß-Fähnrich, Sprecherin des Landratsamtes. Im Landkreis wohnen rund 5000 Menschen dieser Altersgruppe. "Wenn davon nur 2500 anrufen, dann geht eben gar nichts mehr", bringt es Daniel Hahn auf den Punkt.
Obwohl Uljana Bormann und Regina Erdmann so gut wie keine Zeit zum Durchschnaufen haben, sind sie immer gut gelaunt und genießen es regelrecht, mal kurz von Kollegen vertreten zu werden. "Natürlich werden wir beschimpft. Es sei leichter, den Papst ans Telefon zu bekommen, als uns, hören wir ständig. Auch dass wir ein Saftladen seien, kommt häufig. Doch wenn wir nach zehn Beschimpfungen auch einmal gelobt werden, dann ist für uns die Welt wieder in Ordnung", sagt Uljana Bormann. Keinesfalls wolle sie den Eindruck erwecken, sie habe kein Verständnis für die Sorgen der Anrufer. "Mir geht es einfach darum, die Anrufe möglichst gezielt abzuarbeiten, um die Leitung schnell wieder für den nächsten freizumachen." Dass manch älterer Herr oder manch ältere Dame mal etwas mehr Zeit benötige, das sei klar.
Wie sich bis jetzt zeigt, ist fast die Hälfte aller Anrufe im Impfzentrum im Grunde unnötig. "Viele Bürger, die bereits angemeldet und für die Impfung registriert sind, fragen nach, ob sie jetzt auch wirklich angemeldet sind. Natürlich sind sie das. Immer wieder rufen Frauen und Männer an, die sich per E-Mail registriert haben. Sie wollen wissen, ob ihre Mail angekommen ist. Ja, die Mails kommen an. Und wieder andere sind in der Leitung, weil sie nachfragen, wann ihr Impftermin ist", berichtet Regina Erdmann. Letztere Frage können die Frauen am Anmeldetelefon nicht beantworten. "Jeder bekommt Bescheid, wann er an der Reihe ist. Keine Angst, wir vergessen wirklich niemanden und rufen jeden an", versichert Thomas Ulbrich.
An sich würde ein Anmeldegespräch am Telefon zwei Minuten dauern, bis alles geklärt ist. Viele wollten sich aber nicht mit gezielten Fragen von den BRK-Mitarbeiterinnen durch das Gespräch lotsen lassen, sondern brächten lieber selbst alle denkbaren Anliegen vor oder erzählten aus ihrem Leben.
Die Profis vom Impfzentrum raten allen, die die Möglichkeit haben, sich direkt online unter der Internetadresse www.impfzentren.bayern.de für die Impfung anzumelden. "Da kann man auch nachsehen, ob alles geklappt hat", sagt Daniel Hahn. Seit dem heutigen Freitag arbeitet das BRK mit der bayernweit einheitlichen Software. Diese fragt alle Daten des Impfwilligen ab und vergibt die Impftermine mithilfe eines Algorithmus, der die priorisierten Gruppen berücksichtigt. "Das heißt, wir haben keinen Einfluss mehr darauf", sagt Hahn. Alle bisher per E-Mail eingegangenen mehr als 2500 Anmeldungen pflegen die BRK-Mitarbeiter in die neue Software ein. "Das heißt, niemand muss befürchten, dass seine E-Mail verloren ist."
Thomas Ulbrich glaubt, dass es noch den ganzen Februar dauern wird, bis alle über 80-Jährigen geimpft sind. Anschließend sind die jüngeren Senioren an der Reihe. Uljana Bormann und Regina Erdmann werden weiterhin alle Anrufe freundlich beantworten. "Und abends freue ich mich auf die Badewanne. Da komme ich dann nach einem ganzen Tag Telefondienst runter", sagt Uljana Bormann.
Neben der telefonischen Anmeldung (09232/6008959, täglich, auch am Wochenende, zwischen 9 und 16 Uhr) und der Anmeldung per E-mail (impftermin@kvwunsiedel.brk.de) ist inzwischen auch die Registrierung über die Internetseite Impfzentrum Bayern möglich (www.impfzentren.bayern.de) und ausdrücklich erwünscht.