Liebe zum Mitmenschen geht durch den Magen
Essen hält Leib und Seele zusammen.
Essen hält Leib und Seele zusammen. Das wissen die Ehrenamtlichen der BRK-Feldküche Marktleuthen. Im Notfall versorgen sie Opfer und Helfer.
Marktleuthen - Sie sind auf jede Art von Einsatz und Notfall vorbereitet: Die ehrenamtlichen Helfer der Bereitschaften des Bayerischen Roten Kreuzes. Jede Bereitschaft hat ihr Spezialgebiet; die Schirndinger beispielsweise halten einen Funkwagen vor als Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung, die Kirchenlamitzer einen Gerätewagen, um Zelte aufzubauen, die Weißenstädter einen Krankentransportwagen - und die Marktleuthener eine Feldküche.
1 Tonne wiegt die "Taktische Feldküche 250". Der Name verrät, dass mit ihr im Ernstfall 250 Menschen mit Speisen versorgt werden können. "Gulaschkanone" nennt sie das ehrenamtliche Küchenteam liebevoll. Obwohl sie mit einer solchen nichts mehr zu tun hat: Sie verbirgt sich in einem kompakten Anhänger, aufgebaut misst sie gut sechs Meter im Umgriff.
2 Pfannen, zwei Becken, zwei Backröhren bilden den Küchenblock, den an drei Seiten Zeltwände umschließen. Wobei "Pfanne" kleiner klingt, als es ist: Die fest verbauten Edelstahlbehälter fassen 40 Liter, die Becken für Suppen rund 125 Liter.
5 Mann zählen zum Küchentrupp, zwei davon sind Günter Wohlrab und Uwe Stiebeling. Wohlrab ist seit 1965 beim BRK, hat sich als Feldkoch schulen lassen. Er kann sich noch an die Zeiten erinnern, als für den Egerer Birnsunnta 3000 Portionen Kartoffelsalat zubereitet werden mussten. "Wir haben die Kartoffeln mit der Hand geschält." Heute gebe es die schon küchenfertig im Großmarkt zu kaufen.
15 Jahre war Uwe Stiebeling alt, als er seine Lehre zum Koch im "Egertal" begonnen hat, 45 Jahre ist das her. Er hat danach im "Vier Jahreszeiten" in München gekocht, der Meistersingerhalle Nürnberg, einem Ausflugslokal am Tegernsee und ist heute Koch im Klinikum Münchberg. "Ein Essen für 1000 Mann schreckt mich nicht", sagt er. An diesem Tag ist er entspannt: Nur 100 Portionen Gulasch sind zu kochen.
18 Kilo Fleisch brät Uwe Stiebeling in einer der Pfannen an, das Öl gießt er aus einem Zehn-Liter-Kanister und wendet das Fleisch mit einem Schaber, der fast einen Meter lang ist. Uwe Stiebeling kocht gern für Menschen in Not. Er ist schon beim BRK, seit er denken kann. "Ich bin praktisch reingeboren, meine Eltern haben sich schon engagiert."
40 Jahre ist deshalb auch schon der Marktleuthener Bereitschaftsleiter und Bruder des Kochs Jochen Stiebeling dabei. "Wenn irgendwo in Bayern ein großer Alarm ist, werden wir gerufen", erklärt er. Die Marktleuthener haben Suppe beim Donau-Hochwasser in Deggendorf gekocht, Tee bei Autobahnunfällen mit langen Staus auf der A 93 gereicht und kochen dieses Mal Gulasch zum BRK-Frühlingsfest. "Das dient auch der Übung, im Notfall muss jeder Handgriff sitzen."
6 Stunden hält der 16-KW-Brenner unter der Kochinsel mit vier Litern Petroleum durch. "Die Feldküchen sind genormt", erklärt stellvertretender Bereitschaftsleiter Joachim Ficher, "im Ernstfall kann man auch mehrere nebeneinander stellen". "Aber unsere ist die schönste!", ruft Jochen Stiebeling lachend. Tatsächlich ist die Marktleuthener Feldküche weiß - die Stadt hat den Anstrich spendiert -, andere sind olivgrün. Die Küchen sind militärischen Ursprungs. "Man kann die robusten Anhänger im Prinzip auch vom Hubschrauber aus abwerfen", sagt BRK-Bereitschaftsleiterin Petra Drewello.
200 Personen können die Marktleuthener neben Essen auch mit anderen wichtigen Dingen versorgen, die man im Katastrophenfall braucht: Hygieneartikel zum Beispiel. Joachim Fischer öffnet den "Geräteanhänger Betreuung", in dem neben Plastikgeschirr und Kaffeekannen auch Zahnpasta, Einweg-Overalls, Feldbetten und dergleichen liegen. Auch Spielzeug ist dabei, um Kinder im Ernstfall zu trösten. Und hier lagern Tüten mit Fertigsuppen. Der Klassiker heißt "Food 50", erklärt Uwe Stiebeling. "Das ist eine Gemüsesuppe, die jeder essen kann, ob Veganer oder Moslem." Mit Feldküche, Anhänger und Transportwagen sind die Rot-Kreuzler auf jeden Ernstfall vorbereitet.
40 Paar Weißwürste warten inzwischen darauf, in den Kessel zu wandern. Das Gulasch von Uwe Stiebeling und Günter Wohlrab köchelt vor sich hin. Es duftet verführerisch. Ehe die Gäste zum Frühlingsfest kommen, setzen sich die ehrenamtlichen Helfer noch einmal zusammen und machen Brotzeit. "Bei uns passt die Kameradschaft", sagt Joachim Fischer. Die Küche auch - bis zum Nachmittag ist das Gulasch komplett verkauft. Die Einnahmen kommen dem BRK zugute.
Tamara Pohl/Frankenpost